Die Entwicklung der Lichtmikroskopstative

 

von Dr. W. Lübbers

Copyright Dr.W.Lübbers ( zweite, verbesserte  Fassung 2008)

 

 

Einführung

 

Es gehört offensichtlich zu den Bestrebungen des Menschen die begrenzten Möglichkeiten seiner Sinne zu erweitern. Der Wunsch Hilfsmittel zu besitzen, welche die Leistungsfähigkeit der Augen erhöhen, zieht sich durch die ganze Menschheitsgeschichte.

 

Die vergrößernde Wirkung von durchsichtigen Kugeln (z.B. Wassertropfen) oder Kugelsegmenten war schon im Altertum bekannt. Sie dienten als Lesesteine zum Brillenersatz und wurden von den Besitzern wie Kleinodien gehütet und teilweise als Schmuck um den Hals getragen. Das Mikroskop und das Fernrohr wurden etwa gleichzeitig vor ca. 400 Jahren erfunden. Die Entwicklung des Fernrohrbaues wurde schneller vorangetrieben, da es offensichtlich wichtiger war weit entfernte Objekte schneller zu erkennen als Dinge im „Verborgenen“ zu erforschen.

Das Mikroskop, ein primär durch seine optisch-mechanische Funktionalität bestimmtes Instrument, ist seit seiner Erfindung auch zahlreichen zeitbezogenen Designvorstellungen unterworfen worden. Bei den Mikroskopstativen finden sich alle Stilrichtungen vom späten Renaissance- und Barockgerät, über das Jugendstilgerät bis hin zum modernen Modulgerät unserer Zeit.

 

„Nachdem man in der zweiten Hälfte des 17ten Jahrhunderts dem Mikroskop so unendlich viel schuldig geworden war, so suchte man zu Anfang des 18ten Jahrhunderts dasselbe geringschätzig zu behandeln”. So beschreibt Goethe, der selbst ein Mikroskop von Dellebarre besaß, die Bedeutung der mikroskopischen Forschung für den Zeitraum, den er überblicken konnte. In der Tat verkannten die Naturforscher der Goethezeit die ungeheuren Möglichkeiten der feingeweblichen Untersuchungen. Es waren vielmehr Amateure (= Liebhaber!), die zur Anerkennung dieser neuen Untersuchungsmethode verhalfen. (Leeuwenhoek war Tuchhändler, Baker Taubstummenlehrer und Lister Weinhändler).

 

In der Anfangszeit der Mikroskopie ließ sich bei jedem untersuchten Objekt eine neue Entdeckung über den Feinbau der belebten und unbelebten Welt machen. Jeder Blick durch das Mikroskop eröffnete neue Horizonte und Erkenntnisse. Die amateurhaften Untersuchungen, die sich aus Zeitvertreib an den “Ergötzlichkeiten“ der Salonmikroskopie erfreute, entwickelten sich aber im Laufe der Zeit zu einer subtilen wissenschaftlichen Methode. Weltausstellungen, Auszeichnungsmedaillen und lobende Beurteilung von den sich in immer größerer Zahl bildenden Mikroskopischen Gesellschaften förderten den Absatz der Instrumente. Die rasche Entwicklung der rein naturwissenschaftlichen Mikroskopie in den modernen Laboratorien erforderte ab ca. 1880 – nach Robert Kochs bahnbrechenden bakteriologischen Entdeckungen und der Einführung der Fleischbeschau auf Trichinen bei jedem Schlachter  - Großproduktionen mit Stückzahlen von bis zu 10.000 Geräten pro Jahr. Dies führte zu einer Normierung der Konstruktionsprinzipien, die nur noch wenig Raum für eine individuelle Designgebung ermöglichte.   Entscheidend für die Verkaufszahlen waren neben dem Preis einzig und allein die Qualität der mechanischen und optischen Eigenschaften des Mikroskops und nicht das primär den mikroskopischen Laien ins Auge fallende Design eines großen in seiner goldglänzenden Pracht schön anzuschauenden und mit Nebenapparaten reich bestückten Gerätes.

Das Lichtmikroskop, das in seiner Frühzeit mitgeholfen hat ganze Weltanschauungen zu stürzen, ist heute ein technisches Hilfsmittel geworden, das sich aus dem täglichen Arbeitsprozess in Medizin, Chemie, Biologie, Mineralogie, Feinmechanik und Werkstoffprüfung nicht mehr wegdenken lässt.

 

 

Die Frühgeschichte des Mikroskopbaus

 

Zunächst mussten aus geeigneten Glassorten die Linsen geschliffen werden. Besonders die Zusammensetzung der Glasschmelzen stellten frühe Betriebsgeheimnisse dar, während das Schleifen der Linsen aus der Tradition der Brillenfertigung allgemein bekannt war. Die konstruktive Schwierigkeit bestand darin, die geeigneten Linsen auszusuchen und diese in einem bestimmten Abstand zueinander so auf einer optischen Achse zu fixieren, dass sich ein vergrößertes und scharfes Abbild des zu untersuchenden Objektes zeigte. Bis zu der von Abbe angegeben Möglichkeit zur Berechnung der Mikroskopoptiken mussten die Linsenkombination durch Abstimmen und Ausprobieren (“Pröbeln”) eines erfahrenen Optikers erfolgen.

 

Seit ca. 500 v.Chr. benutzen Griechen und Römer Lupen als Brenngläser und um 1000 n.Chr. beschrieb Alhazen (965-1038) den von ihm erfundenen Lesestein. Aus den überlieferten Zeichnungen wissen wir, dass ihm die Strahlengänge in Kugelsegmenten bekannt waren.

 

Um 1590 entdeckten nach der einschlägigen Literatur die holländischen Brillenmacher Hans und Zacharias Jansen die starke Vergrößerung des aus zwei Sammellinsen verschiedener Brennweite zusammengesetzten Mikroskops. Es gibt aber auch eine Anekdote darüber, dass die eigentliche Erfindung” eine Zufallsenddeckung von spielenden Kindern war.

 

Auch Galileo Galilei (1564-1642) baute ab 1624 die zusammengesetzten holländischen Mikroskope nach, die auf Umwegen über England nach Italien gekommen waren. 1665 veröffentlichte Robert Hooke (1635-1703) sein Werk "Micrographia". Durch dieses erste grundlegende Buch über die Mikroskopie wurde das Interesse für die Möglichkeiten dieser neuen Untersuchungstechnik geweckt. In diesem Buch hat Hooke auch das von ihm selbst konstruierte Mikroskop beschrieben.

 

1673 berichtete Antoni van Leeuwenhoek (1632-1723) der Royal Society in London über seine mikroskopischen Beobachtungen mit seinen Lupenmikroskopen. Er fertigte noch für jedes Präparat ein separates Mikroskop an und schliff die Linsen selber. Nach neusten Forschungen wird angenommen, dass Leeuwenhoek sogar ein wesentlich stärker vergrößerndes zusammengesetztes Mikroskop konstruiert haben muss, da sich sonst seine Beschreibungen der bakteriellen Mundflora nicht erklären lassen.

 

In der Frühzeit des Mikroskopbaus waren die meisten Geräte individuelle Einzel- oder gar Eigenanfertigungen für die jeweiligen Auftraggeber oder Wissenschaftler (Leeuwenhoek, Galilei, Hooke).

 

Bauliche Detaillösungen und -verbesserungen wurden von wenigen Wissenschaftlern oder Mechanikern vorgeschlagen und je nach Fähigkeit und Flexibilität der Handwerksbetriebe ohne die Zwänge eines Patentgesetzes umgesetzt oder einfach kopiert. Erst in der Mitte des 19. Jahrhunderts bildeten sich im Stativbau gewisse Gebrauchsmuster und Normierungen heraus, die im Zeichen der beginnenden Industriellen Massenanfertigung von vielen optischen Firmen übernommen wurden.

 

Leider lässt sich nicht immer sicher von dem Gerätetyp auf das Baujahr schließen, da oft verschiedenste Gerätetypen nebeneinander über einen Zeitraum von 50 bis 100 Jahren unverändert von zahlreichen Handwerksbetrieben produziert wurden. Oft wurden auch Geräte von reinen Handelsbetrieben signiert, so dass der eigentliche Hersteller, der oft auch noch für verschiedene Händler produzierte, im Dunkeln blieb.

Es scheint auch eine gewisse Arbeitsteilung durch Spezialbetriebe und Subunternehmen gegeben zu haben: die eine Firma schliff die Linsen, die andere goss die Messingstative und die dritte erledigte die feinmechanischen Arbeiten.

 

 

Die einfachen und die zusammengesetzten Mikroskope

 

Bei den Vergrößerungsgläsern unterscheidet man zunächst die einfachen (einlinsigen) Mikroskope - die so genannten Lupen - und die zusammengesetzten (mehrlinsigen) Mikroskope (Mikroskope im eigentlichen Sinne), die aus Objektivlinse und Okularlinse bestehen.

 

Die einfachen Lupenmikroskope

 

Lupen werden mit der Hand gehalten, wie ein Monokel in die Augenhöhle geklemmt, aufgelegt oder mittels kleiner Stative z.B. durch Dreibeinstative, Schraubhülsen oder ausgeschnittenen Glas- oder Messingröhren in die richtige Entfernung zum Objekt gebracht (fokussiert). Als grobe Einteilung reicht aber die Unterscheidung in Handlupen und in Lupenstative.

 

Im Regelfall besteht die Lupe aus nur einer gefassten Linse, bei besonders stark vergrößernden Lupen werden zwei oder drei dicht aneinander liegende Linsen so zu einem optischen System zusammengefügt, dass von außen das Bild einer sehr dicken Einzellinse entsteht (z.B. Wollaston Doublet, 1812). Häufig wurden auch Einzellinsen aus verschiedenen Elementen zusammengesetzt, wie z.B. die Stenhope Lupe von 1815 oder die Coddington Lupe von 1829.

 

Die Handlupen

 

Aus der Zeit vor Leeuwenhoek haben sich noch einige wenige kleine zylinderförmige Flohbüchsen und Standlupen erhalten oder sind nur aus Zeichnungen oder Beschreibungen bekannt.

Leeuwenhoeks (1632-1723) eigenes Mikroskop bestand aus zwei ca. esslöffelgroßen zusammengehefteten unverzierten Messingplatten, die eine winzige Linse einfassten. Zwei Schraubgewinde erlaubten die Fokussierung und die Drehung des zu untersuchenden Objektes. Später wurde dieses Konstruktionsprinzip bei den so genannten Zirkelmikroskopen wieder aufgenommen. Zu Leeuwenhoeks Zeiten wurden die bis zu 375fach vergrößernden einlinsigen Lupen wegen ihrer besseren Abbildungsqualitäten den zusammengesetzten (mehrlinsigen) Mikroskopen vorgezogen.

Im Vergleich zu den rohen Leeuwenhoekgeräten sind die Handlupen des Franzosen Depouilly wunderschön gearbeitet und verziert, aber optisch sind sie deutlich schlechter.

Technisch etwas aufwendiger waren die Lupenmikroskope von Jahann van Musschenbroek (1660 – 1707). Hier wurden Linse und Objekt durch ein Gestänge mit kleinen Kugelgelenken, den so genannten Musschenbroek`schen Nüssen, flexibel fokussiert.

 

Schon 1694 baute der Holländer Nicolaas Hartsoeker (1654-1725) ein einfaches Mikroskop mit zwei ineinander verschraubten Zylindern und Handgriff. James Wilson (1665-1730) modifizierte und vertrieb ab 1702 dieses Gerät in England, so dass der Name screw-barrel Mikroskop hauptsächlich auch mit seinem Namen verbunden ist. Dieses handliche Gerät, mit dem Auf- wie Durchlichtmikroskopie möglich war, erfreute sich großer Beliebtheit und wurde von fast allen Mikroskopherstellern der damaligen Zeit in leicht veränderter Form nachgebaut. Die enorme Verbreitung dieses Gerätes wurde auch durch eine äußerst wohlwollende Beschreibung in dem Lexikon Technetium von John Herris gefördert. Sogar Stative mit Beleuchtungsspiegeln wurden beigefügt, so dass man das Instrument nicht mehr mühsam mit der Hand gegen das Licht halten musste, sondern auch als Tischgerät einsetzen konnte. Auch in den meisten Solarprojektionsmikroskopen dieser Zeit ist das Prinzip des Screwbarrelmikroskopes angewandt worden.

Bei den so genannten späten Flohgläsern handelte es sich um kleine aus Holz oder Elfenbein gedrechselte Zylinder, bei denen ein aufschraubbarer Deckel eine Objektnadel und eine winzige Linse einschloss.

 

Besonders bei Naturforschern waren die zusammenlegbaren und damit gut transportablen Taschenmikroskope beliebt. Eine verschiebbare Klemmfeder oder Nadel diente zur Objekthalterung. Bei Gebrauch wurden die Linse und der meist aus Elfenbein bestehende Handgriff ausgeklappt. Nach ihren Konstrukteuren werden diese handlichen Instrumente Naturforscher Mikroskope nach W&S Jones benannt.

 

Zur Beobachtung lebender Objekte wurden auch gerne Glaszylinder benutzt, die mit einer Lupe verschlossen waren (sog entomologische Mikroskope).

 

Wie die Brille trug man auch die Lupen offensichtlich ständig bei sich. So finden sich neben den Handlupen Spezialanfertigungen für die Uhrkette, die Halskette oder die klassische Sacklupe als Einschlaglupe aus Horn oder Elfenbein.

 

Die Spannbreite der noch heute benutzten Lupen reicht von der Briefmarkenlupe, über den Fadenzähler bis zur Uhrmacher- und Diamantenlupe.

 

 

Die Lupenstative

 

Bis auf die heutige Zeit haben sich einige wenige Taschenmikrokope erhalten die, meist aus Silber gefertigt, in einem Fischleder bezogenen Kästchen aufbewahrt werden und zum Gebrauch auf diesen befestigt werden können. Diese handlichen Geräte besitzen eine Anzahl von verschieden starken Einzellinsen sowie einen einklappbaren Objekttisch der über ein Gewinde einstellbar ist. (z.B. Taschenmikroskop Typ Clark von 1754).

 

Die Nachfolgegeräte waren vom Material und in der Ausführung wesentlich einfacher gestaltet. Diese nach John Ellis (1710-1776) genannten Wassermikroskope ermöglichten die Untersuchung von Wasserlebewesen in einem gewölbtem Uhrglas (Teich). Eine gewisse Weiterentwicklung stellen die Lupenstative von W.&.S.Jones ab ca.1800 dar.

 

Eine den Wassermikroskopen sehr ähnliche Konstruktion sind die häufig mit Handauflagen versehenen Präpariermikroskope. Teilweise wird in der Literatur eine etwas willkürliche Einteilung und Unterscheidung getroffen. Sie soll aber auch hier beibehalten werden, da neben dem Erscheinungsbild und Entstehungszeitraum des einzelnen Mikroskopstatives auch der Verwendungsmöglichkeit eine Bedeutung beigemessen werden muss. Letztendlich lassen sich je nach Standfestigkeit und Größe mit allen Lupenstativen Untersuchungen in Flüssigkeiten sowie botanische Präparationen und Auf- bzw. Durchlichtuntersuchungen durchführen.

 

Diese kleinen, transportablen Geräte wurden für den interessierten Laien geschaffen und eigneten sich daher besonders für die Freilichtmikroskopie vor Ort. Oft dienten Holzkästchen als Mikroskopfuß und gleichzeitig als Aufbewahrungsort für die zusammenlegbaren Geräte nebst Präparier- und Mikroskopieruntensilien. Die Fokussierung erfolgt über einen groben Zahntrieb.

 

Präpariermikroskope finden sich noch heute in allen biologischen und medizinischen Labors meist jedoch mit einer stereomikroskopischen Optik. Und ebenso finden sich noch heute Münzmikroskope oder Fadenzähler – teilweise ganz aus Plexiglas -, die als kleine Lupenstative konstruiert sind.

 

 

 

Die zusammengesetzten Mikroskope

 

Die Materialien

Sehr alte Mikroskopstative können aus Pappe oder Holz oder aber auch aus Elfenbein sein. Mit diesen Materialien lassen sich aber keine präzisen feinmechanischen Konstruktionen verwirklichen. Außerdem sind bei häufigem Gebrauch die Abnutzungen viel zu hoch und Schwankungen der Luftfeuchtigkeit bewirken ein Verziehen dieser Materialien.

 

Deshalb verwandte man nach 1750 (Cuff ab 1744) im Mikroskopbau nur noch Metalle wie Messing, selten auch Silber oder vergoldete Bronze, um 1900 auch Gusseisen und Aluminium, ab 1945 auch zahlreiche Plastikmaterialien.

Die Linsen wurden aus Spezialglas (Kronglas, Flintglas) geschliffen. Es gab aber auch Instrumente, die versuchsweise mit Diamantlinsen (Andrew Pritchard 1824) bestückt wurden.

 

Die Aufbewahrungskästen bestanden in der Frühzeit aus Fischleder bezogener Pappe oder aus Holz. Später setzen sich dann Eichen- und Mahagonikästen durch.

 

Die Anforderungen an die Mikroskopstative

Das Konstruktionsprinzip der zusammengesetzten Mikroskope (ab ca. 1600) muss die Frage lösen, wie das Okular, das Objektiv und das zu untersuchende Objekt möglichst stabil auf einer optischen Achse angeordnet werden und wie all diese Bauelemente auf einem ebenfalls stabilen Mikroskopfuß ruhen können.

 

Gleichzeitig sollten eine ungehinderte Objektführung und eine gute Beleuchtung gegeben sein. Auch sollte das Gerät neben der Bedienungsfreundlichkeit (z.B. durch tiefliegende Bedienungselemente) auch einen gewissen Komfort bei der Mikroskopierhaltung (z.B. durch den nicht ermüdenden Schrägeinblick im Sitzen) erlauben. Wichtig für die Kaufentscheidung war neben dem Preis auch der geplante Verwendungszweck der Geräte. So lässt sich ein einfaches transportables Amateurmikroskop für die Freilichtmikroskopie nicht mit den Leistungen eines für Forschungszwecke geeigneten Hochleistungsgerätes vergleichen, obwohl beide Gerätetypen möglicherweise aus derselben Werkstatt kommen. Ab Mitte des 19ten Jahrhunderts überboten sich die großen europäischen Firmen mit der Anpreisung von kleinen, mittleren und großen Stativen. Zeiss bot bis ca.1900 ca. 12 verschiedene Grundstative an, 1933 war die Zahl auf über 50 Stative angewachsen. Es wurde eine Unzahl von Spezialmikroskopen vom einfachen Lupenstativ über das stereoskopische Dermaskop bis zum mineralogischen Polarisationsmikroskop produziert. Auch konnte das Zubehör beliebig kombiniert werden was den individuellen Ansprüchen der Mikroskopiker sehr entgegen kam. Für den Export wurden sogar deutsche Geräte dem Kundenwunsch entsprechend mit englischem Fuß ausgeliefert.

 

Die konstruktiven Lösungen im Bau zusammengesetzter Mikroskopstative

Okular und Objektiv werden durch eine oder mehrere ineinander verschiebbare geschlossene Röhren zum Tubus verbunden. Von dieser holländischen Urform des zusammengesetzten Mikroskops haben wir nur schriftliche Überlieferungen. In der Frühzeit des Mikroskopbaus wurde bei diesen meist aus gedrechseltem Holz und Pappe bestehenden Geräten der Mikroskoptubus in einem dreibeinigen Holz- oder Messinggestell über ein Drehgewinde auf das Objekt fokussiert (Drebbel ab 1620). Diese Mikroskope besaßen noch keinen eigentlichen Objekttisch und keine Spiegelbeleuchtung und waren daher besonders zur Auflicht-Mikroskopie geeignet. Zur Durchlichtmikroskopie musste das ganze Gerät gegen eine Lichtquelle – meist die Sonne - gehalten werden. Aus dieser Frühzeit der Mikroskopie haben sich einige wenige in Italien nach holländischen Mustern nachgebaute Geräte von Eustachio Divini (1620-1695) und Guiseppe Campami (1635-1715) erhalten. Bei diesen Geräten war die Grundplatte gleichzeitig Objekttisch.

 

Nur durch Abbildungen wissen wir von ähnlichen Mikroskoptypen der deutschen Johann Wiesel (1553-1662), Griendel von Ach (1631-1687) Conrad Cuno (1652- 1745) und des Jahannes Zahn (1685).

 

Robert Hooke löste ab 1665 das Beleuchtungsproblem, indem er den Tubus durch ein Kugelgelenk an einer exzentrischen Säule befestigte. Gleichzeitig führte er eine wetter-unabhängige Auflichtbeleuchtung ein, indem der das Licht einer Öllampe durch eine Wassergefüllte Glaskugel (sog. Schusterkugel) bündelte.

 

Sein Landsmann John Marshall (1663 – 1725) verbesserte um 1700 das Mikroskopstativ weiter durch Montage des ganzen Gerätes auf einem Holzkästchen. Der gesamte Tubus mit Objekttisch konnte durch ein tiefliegendes Kugelgelenk so um die exzentrische Stativsäule bewegt werden, dass auch eine Durchlichtmikroskopie möglich wurde.

Von dem deutschen Professor Christian Hertel aus Berlin ging 1718 eine entscheidende Weiterentwicklung aus; er führte bei seinem Mikroskop einen verstellbaren Beleuchtungsspiegel unter dem Objekttisch ein und die Fokussierung erfolgte durch Senken und Heben des Objekttisches, der gleichzeitig auch eine Seitwärtsbewegung (einfacher Kreuztisch ! ) erlaubte.

 

Am Ende des 18ten Jahrhunderts erfreuten sich zwei Mikroskopstative besonderer Beliebtheit:

Das eine ist das nach Culpeper (1666-1738) benannte Doppel-dreibeinstativ (ab 1725). Unter dem bekannten Dreifuß, der auf dem Objekttisch ruhte, setzte Culpeper ein zweites Dreibeinstativ, das Raum schaffte für einen beweglichen Beleuchtungsspiegel, der in der Mitte einer Grundplatte angeordnet war.

Das andere ist das von Cuff (1708-1772) eingeführte Stativ (ab 1744) mit seinen zur Fokussierung aneinander vorbei gleitenden exzentrischen Säulenstangen. Dieses Gerät ist eine Weiterentwicklung des veralteten Marshalltyps von 1700.

 

Der Culpeper- wie der Cufftyp haben im Regelfall ein Holzkästchen mit Schublade als Fuß oder aber auch nur eine Holz oder - Messingplatte und werden in pyramidenförmigen Kästen aufbewahrt. Diese Mikroskopstative wurden in England und auf dem Kontinent über einen Zeitraum von hundert Jahren von allen namhaften Mikroskopbauern nachgebaut. Auch der zu seiner Zeit bedeutendste deutsche Instrumentenbauer G.F. Brander (1713 -1783) kopierte diese Stative in der ihm eigenen Art. Selbst Spielzeugmikroskope und die aus Holz und Pappe gefertigten Nürnberger Mikroskope folgten diesen Designvorgaben. Der große Nachteil dieser Geräte war, dass sie nur in vertikaler Position gebraucht werden konnten. Auch störte insbesondere das Dreibeinstativ bei der Objektführung.

 

In einer kurzen Zwischenphase wurden in Frankreich und in Deutschland (Brander) sogenannte Boxmikrokope gebaut, die sich dadurch auszeichneten, dass der Beleuchtungsspiegel in einem großen Holzkasten (Box) verborgen war. Die Oberseite des Kastens war durchlöchert und bildete den eigentlichen Objekttisch. Dieser Gerätetyp war so unhandlich, dass er keine weitere Anerkennung erfuhr.

 

Eine gewisse Weiterentwicklung des Cufftyps stellten die besonders von den englischen Instrumentenbauern Nairne und Blunt aber auch von Fraunhofer hergestellten Chest Mikroskope dar, bei denen ein typisches Cuffgerät mit einer umlegbaren Säule für den Schrägeinblick ganz zum Gebrauch aus einem Aufbewahrungskasten herausgeklappt werden kann.

 

Immer noch unhandlich aber dafür sehr billig und einfach herzustellen waren die ab 1738 entwickelten Trommelmikroskope des Benjamin Martin (1704 - 1782), bei denen durch eine doppelseitig ausgeschnittene Röhre (Trommel) mit eingelassenem Objekttisch und Beleuchtungsspiegel der verschiebbare Tubus geführt wurde. Die Entwicklung Martins wurde wohl von seinen Zeitgenossen nicht wahrgenommen und auch wohl für lange Jahre vergessen. Erst nach 1800 wurde dieser Mikroskoptyp sehr erfolgreich, besonders in Frankreich wurde er häufig bei Spielzeugmikroskopen verwand. Die Grundschulen der DDR benutzten nach 1950 für den Biologieunterricht Trommelmikroskope der Firma ROW, Berlin. Diese sehr stabilen Geräte sind aus Aluminium aber sie gleichen bis hin zu Kleinigkeiten den aus Holz und Pappe bestehenden Geräten des Benjamin Martin aus der Mitte des 18ten. Jahrhunderts.

 

Eine bedeutende optische und mechanische Weiterentwicklung der Mikroskopstative erfolgte wiederum in England durch die Firmen von John Dollond (1706-1761) und dessen Sohn Peter Dollond (1730 -1820), sowie G. Adams (1708 -1773) und dessen Nachfolger W. Jones (1763 - 1831). Da diese teils über 50 cm hohen Geräte (englischen Tubusnormierung: 12 inch.= 31,8 cm) in der Handhabung doch sehr unbequem waren, fanden die im Design sehr ähnlichen verkleinerten Miniaturausgaben dieser Mikroskope als billige Taschengeräte von Gould und den Gebrüdern Cary eine wesentlich weitere Verbreitung. Dabei diente der kleine Aufbewahrungskasten dieser zerlegbaren Mikroskope als aufschraubbarer Mikroskopfuß.

 

Um ca. 1820 wurden auch auf dem europäischen Kontinent noch relativ große Geräte mit exzentrischen Stangenstativen und teilweise zusammenklappbaren flachen Dreibeinfüßen konstruiert (Frauenhofer 1787-1826 in München, Plössl 1794 -1868 in Wien, Schiek und Pistor in Berlin).

 

Nach 1840 wurden insbesondere in Frankreich von J.L.V. Chevalier (1770 – 1841), Nachet (1797 - 1881) und Oberhäuser (1798 - 1868) kleinere Mikroskope mit einem großen schweren Trommelfuß gebaut. Parallel dazu hat die Fa. Nachet über lange Jahre an ihrer typischen, einem Entenfuß ähnelnden Messingfußplatte festgehalten. Mitte bis Ende des 19ten Jahrhunderts wurden in Frankreich zusätzlich zahlreiche recht einfache Mikroskope mit einer Doppelsäule zwischen Fuß und Objekttisch gebaut. Diese Instrumente sind fast nie signiert können aber aufgrund vorhandener Verkaufsprospekte auf den Händler oder Hersteller (?) A. Lebrun zurückgeführt werden.

 

All dieser Gerätetypen wurden jedoch rasch durch das von Oberhäuser in Paris ca.1848 eingeführte klassische Hufeisenstativ mit dem verkürzten Tubus (kontinentale Tubusnormierung: 16,0 cm) abgelöst. Damit war die Basisform aller modernen Mikroskope gefunden. Die Geräte von Oberhäuser und die seines Neffen und Nachfolgers Edmund Hartnack (ab 1870 aus Frankreich ausgewiesen und dann in Potsdam ansässig) waren in Forscherkreisen sehr beliebt. Die optischen Leistungen waren so außerordentlich, das sich die zeitgenössischen Mikroskophersteller (besonders Kellner - später Leitz - und Zeiss) an diesem Qualitätsstandard maßen. Die Berliner Firma Beneche u.Wasserlein z. B. kopierte über Jahrzehnte die Oberhäuserstative.

 

Im viktorianischen England wurde jedoch noch über einen langen Zeitraum eine große Modellpalette mit diversen individuellen Firmendesigns produziert. Besonders die Tubusträger und die Stativfüße wurden sehr vielfältig individuell gestaltet. Ohne auf die Signatur zu schauen, konnte auch der Laie schnell erkennen, ob es sich um ein Gerät der A. Ross (1798 -1859), Smith & Beck & Beck, Powell & Lealand (1799 -1883), Carpenter, Swift, Pillischer, Baker, Crouch oder Watson handelte.

 

Den englischen Instrumenten dieser Zeit war eine Unzahl von teuren Nebenapparaten beigefügt, die besonders dem mikroskopischen Amateur eine höhere Wissenschaftlichkeit vortäuschen sollte. Die bis ins 20ste Jahrhundert beigefügten Fisch- oder Froschplatten hatten nur den einen Zweck den schon seit Malpighi (1628 - 1694) bekannten Blutfluss in den Blutkapillaren der Fischflossen immer wieder nachzuweisen und zu untersuchen.

 

Interessant ist auch, dass viele der alten wegen ihrer feinmechanischen Qualitäten unübertroffenen englischen Mikroskopstative später mit den neuen deutschen Hochleistungsobjektiven versehen wurden. Dies war durch eine frühzeitige Normierung der Schraubgewinde und der Tubusweite möglich geworden. Nachdem insbesondere die Firmen Zeiss und Leitz ab ca.1860 ihre Mikroskopstative nach Hufeisendesign bauten, gab es auf der ganzen Welt von Europa, über die USA bis nach Japan keinen ernst zu nehmenden Mikroskophersteller, der nicht wenigstens ein Hufeisenstativ anbot. Die beiden ebenfalls sehr bekannten Firmen der Gebrüder Seibert in Wetzlar und von R. Winkel in Göttingen konstruierten ihre Geräte von Anfang an als Hufeisenstativ. Selbst englische Firmen, die über Jahrzehnte ein individuelles Design geschaffen hatten, übernahmen den Kontinentalen Fuß. Das Konstruktionsprinzip des Hufeisenstatives wurde bis heute beibehalten, da es – früher häufig mit Blei ausgegossen - ein Maximum an Standfestigkeit bot.

 

Ab 1933 führte die Fa. Zeiss, Jena, mit dem L-Stativ ein Gerät mit schrägem Prismentubus und halbkreisförmigem Tubustäger ein. Die tiefliegende Fokussierungseinrichtung und die kompakte Bauweise ermöglichten eine angenehme Körperhaltung beim Mikroskopieren. Ein Umlegen des Stativs war nicht mehr erforderlich, deshalb konnten auch Untersuchungen in Flüssigkeiten bequem durchgeführte werden.

 

Ab der Mitte des 19ten Jahrhunderts wurden die entscheidenden optischen Entwicklungen der zahlreichen Mikroskophersteller von einer für den Laien und Wissenschaftler dermaßen unübersichtlichen Vielfalt geprägt, dass sich Ratgeberbücher (besonders die von Harting, Dippel oder Frey) einer großen Beliebtheit erfreuten. Diese namhaften Mikroskopiker, die in enormer Fleißarbeit hunderte von Geräten und deren optische Einrichtungen überprüften, fanden in ihren Büchern klare Worte bei der Beurteilung der Leistungsfähigkeit der Geräte und ermöglichten es auch durch die Angabe von Preislisten eine Kaufentscheidung zu erleichtern.

 

 

 

Spezialmikroskope

 

Sonnenmikroskope

Sonnenmikroskope wurden als Projektionsmikroskope in Fensteröffnungen positioniert. Sie bestanden im Wesentlichen aus einem großen beweglichen viereckigen Spiegel der das Sonnenlicht einfing. In einem abgedunkelten Raum reichte die Lichtstärke aus um die Vergrößerungen auf eine Leinwand zu projizieren. Solche Mikroskopischen Vorführungen wurden häufig zur Kinderbelustigung (mit Gruselgefühl) eingesetzt.

 

 

Die stereoskopischen Mikroskope und die Binokularmikroskope

 

Bei einem echten stereoskopischen Mikroskop muss für jedes Auge ein separates Mikroskop - also zwei separate Tuben mit zwei Objektiven und zwei Okularen - zusammengeführt werden und auf ein Objekt ausgerichtet werden. Diese Geräte hat erstmalig Cherubin d`Orleans um 1677 gebaut. Auch bei Zahn (1702) findet sich eine Abbildung eines Gerätes mit zwei Tuben. Diese konstruktiven Lösungen reichten jedoch nur für sehr schwache Vergrößerungen. Nach den theoretischen Vorarbeiten von Grenough baute die Fa. Zeiss erst 1897 echte Stereomikroskope die besonders zu Präparierzwecken und zu Hautuntersuchungen dienten (Dermatoskop). Auch die heute im medizinischen Bereich gebrauchten Operationsmikroskope sind Stereomikroskope, die das Prinzip von Grenough aufnehmen.

 

Riddell (1854) und Wehnam (1860) teilten den Strahlengang im Mikroskoptubus prismatisch gleich nach dem Austritt aus einem Objektiv. Das so entstehende Bild wird dann nur durch zwei Okulare betrachtet. Dabei wird aber kein echtes stereoskopisches Bild erzeugt. Dennoch findet sich dieses Wehamprisma in fast allen großen englischen Binokularmikroskopen des ausgehenden 19ten Jahrhunderts. Erst dem wissenschaftlichen Mitarbeiter der Fa. Leitz in Wetzlar, Dr. Felix Jentsch, gelang es 1913, eine befriedigendere Lösung für das Problem zu finden. Die Fa. Leitz baute gleich danach ein komplettes binokulares Mikroskop, während sich andere Firmen (Reichert u. C. Zeiss) noch lange mit Binokularaufsätzen begnügten.

Bei Zeiss wurde das Problem erst 1933 mit der Einführung der L-Stative, die aber auch ein Jentschprisma enthielten, gelöst.

 

 

Trichinenmikroskope

 

Auf Grund der Gesetze zur Fleischbeschau musste jeder Metzger oder später der Tierarzt feingewebliche Untersuchungen durchführen um einen Trichinenbefall des Schlachtfleisches auszuschließen. So entstand schnell ein großer Markt für einfache und robuste Mikroskope. Diese Geräte haben häufig einen vernickelten Tubus und einen grün lackierten Fuß aus Gusseisen. Als Beilage finden sich zwei dicke zusammenschraubbare Glasplatten zur Kompression der Fleischproben. In Deutschland wurden diese Geräte besonders von den Berliner Firmen Schieck, Waechter und Messter produziert.

 

 

Spezialausrüstungen

Die Fokussiereinrichtung

 

Zahlreiche Variationen zeigen sich auch bei den Fokussiereinrichtungen zwischen Tubus und Objekt.

Häufig findet sich neben einer Grobeinstellung auch eine Feineinstellung. Die einfachste Scharfstellung erfolgte durch Drehen des Tubus in einem mehr oder weniger steilen Gewinde, so dass die Objektivlinse auf das Objekt hin bewegt werden kann. Der Tubus kann auch in einer Schiebehülse oder mit Zahn und Trieb oder durch andere Gewindearten hin und her bewegt werden, so dass eine optimale Bildschärfe resultiert.

 

Manche Fokussiersysteme wirken durch lange Schraubgewinde auch auf den beweglichen Tubusträger oder den Objekttisch ein (Fokussierung nach Hevelius).

 

Eine Besonderheit stellt die sog. Lister-Limb Einstellung dar. Hier wirkt ein Hebelmechanismus nur auf das Objektiv an der Tubusspitze ein.

 

Besonders in preiswerten Geräten wurden Systeme benutzt, die durch einfache Abwinkelung des Objekttisches gegenüber dem Tubus über eine Einstellschraube eine Fokussierung ermöglichte. Teilweise wurde der Objekttisch selbst nur schräggestellt (Schrägstellung nach Mohl).

 

Eine technisch auch nicht sehr sinnvolle Variante ist die Fokussiereinrichtung nach Roberval. Hierbei wird der Tubus über ein Parallelgestänge auf und ab bewegt. Dabei führt der Tubus aber auch zwangsweise eine ungewollte Vor- und Rückbewegung aus.

 

Gegen Ende des 19ten Jahrhunderts wurden in den besseren Geräten regelmäßig Mikrometerschrauben mit Dreikantprismenführung verwand, die direkt auf den Tubusträger einwirkten. Besonders bei diesen Fokussiereinrichtungen zeigte sich die Qualität der feinmechanischen Arbeit. Die Feintriebe sollten leichtgängig sein, mussten die Einstellung aber auch präzise fixieren.

 

Nach wie vor unübertroffen ist der Feintrieb nach M. Berger, der bei der Fa. C. Zeiss in Jena 1898 entwickelt wurde.

 

 

Der Objekttisch

 

Bei sehr alten Mikroskopen diente die Grundplatte zunächst als Objekttisch. Da so aber nur Auflichtmikroskopie möglich war, wurde die Grundplatte mit einer runden Öffnung versehen. Durch die nun erforderliche Beleuchtung von unten gelangte der Objekttisch mehr in die Mitte des Gesamtstatives.

 

Der Objekttisch selbst ist rund oder viereckig, fest oder beweglich (z.B. Kreuztische und Drehtische) und hat Klemmeinrichtungen zur Fixierung oder Führung der Präparate. Manche Objekttische sind wahre Wunderwerke der Feinmechanik. Bei den Kreuztischen lassen sich die schwalbenschwanzgeführten Tischebenen mit feinsten Rändelschrauben und Trieben auf Hundertstel Millimeter genau justieren. Mitte des 19ten Jahrhunderts wurden in England Kreuztische als the Turrell (1832) nach dem Namen des Konstrukteurs bezeichnet. Es gab aber auch einfachere Objektischführungen z. B. die von Varley (1850).

 

Häufig finden sich auf den höherwertigen Kreuztischen Messskalen mit Noniusablesemöglichkeiten.

 

 

Beleuchtungspiegel, Kondensatoren und Auflichtlupen

 

Unter dem Objekttisch findet sich im Regelfall ein planer oder konkaver Beleuchtungsspiegel (G. Hertel, Halle a.d. Saale, 1716) für die durchscheinende Beleuchtung. Der Spiegel ist entweder fest, dreh- oder schwenkbar am Mikroskopfuß oder der tragenden Säule angebracht. Für Untersuchungen mit durchscheinendem Licht hat der Objekttisch eine Öffnung. In diese Tischöffnungen lassen sich häufig Zylinderblenden einlegen. Oder das Licht wird durch eine unter den Objekttisch angebrachte drehbare Lichtblendenscheibe mit verschieden großen Öffnungen gebündelt. Nach der Erfindung von Abbe (1875) wurden die stark vergrößernden und lichtstarken Geräte mit einen Linsenkondensator und einer Irisblende ausgerüstet.

 

Gegen das Licht zuhaltende Lupen (z. B. Zirkelmikroskope) und Demonstrationsmikroskope haben gelegentlich einen silbernen konkaven Auflichtbeleuchtungsspiegel, der nach seinem Erfinder Lieberkühnspiegel benannt wird.

 

Bei besonders aufwendigen Mikroskopen sind teilweise Nicolprismen für Untersuchungen im polarisierten Licht beigefügt. Dabei wird der Polarisator in den Kondensator eingeführt und der Analysator befindet sich in einem Spezialokular. Die Firmen Nachet, Paris und Fuess, Berlin waren bekannt für ihre mineralogischen Spezialmikroskope mit festen Polarisationseinrichtungen. Da die Herstellung von Nicolprismen zu teuer wurde, werden heute nur noch Polarisationsfilter hergestellt.

 

In früheren Zeiten wurde, in Ermangelung einer ausgereiften und für Laien nur schwer zu bewerkstelligenden Mikrotechnik zur Herstellung von durchscheinenden Mikroskoppräparaten, die Auflichtmikroskopie bevorzugt. Für nicht durchscheinende Objekte sind daher viele ältere Geräte mit Auflichtlupen zur Objektbeleuchtung versehen. Diese Hilfsmittel sind - von Ausnahmen abgesehen - bei englischen Geräten am Objekttisch oder bei französischen Geräten direkt am Tubus montiert. Teilweise sind auch große separate Standlupen (im Englischen "bull´s eye condensor" genannt) als Zubehör vorhanden.

 

 

Der Stativfuß

 

Der obere Teil des Mikroskops bestehend aus Tubus, Tubusträger und Objekttisch wird von einen Mikroskopfuß getragen, bei dem auch zahlreiche verschiedene konstruktive Lösungen gefunden wurden: Holzplatten, Holzkästchen, Schraubhülsen, Dreibeinstative, Trommelfüße, flache L- förmige Klappfüße, Einfach- oder Doppelsäulen auf runden oder ovalen Messingplatten. Die englischen Mikroskope der zweiten Hälfte des 19ten Jahrhunderts haben häufig einen Y-förmigen Fuß (A.Ross ab 1843) oder den typischen großen geschwungenen englischen Fuß aus einem Messingguss der an eine Ziegenklaue erinnern kann. Auf dem europäischen Festland bürgerte sich nach 1850 ( G.Oberhäuser, Paris) sehr schnell der klassische Hufeisenfuß ein, der erst 1933 und das auch nur teilweise von den L-Stativen der Firma Zeiss abgelöst wurde.

 

Insbesondere mit den großen englischen Stangenstativen (Gerätehöhe 40 bis 60 cm!) war ein Mikroskopieren nur im Stehen möglich. Wollte man im Sitzen mikroskopieren, so musste das Gerät auf einen kleinen Hocker zwischen den Beinen aufgestellt werden. Im Laufe der Entwicklung wurden verschiedene Möglichkeiten erfunden, die es erlaubten das Mikroskop mit der gesamten optischen Achse gegenüber dem Mikroskopfuß abzuwinkeln und so eine optimale, entspannte sitzende Position an einem Mikroskopiertisch einzunehmen. Vorläufer dieser Entwicklung war die Einführung von so genannte Knick- oder Winkeltuben (z.B Prismenschrägtubus von Nachet und Chevalier, Paris 1843).

 

 

Nachwort

 

Der Interessent und Sammler antiker wissenschaftlicher Instrumente ist immer wieder überrascht, wie in früherer Zeit Funktionalität mit schönem Design verbunden wurden. Dies lässt noch heute eine gewisse Ehrfurcht vor den ungenannten Linsenschleifern, Mechanikern und Graveuren aufkommen. Es muss aber leider auch registriert werden, dass hinter all den berühmten Forschern und ihren Forschungsergebnissen die Entwickler und Hersteller der Forschungsinstrumente, die den Forschern erst das Werkzeug in die Hand gegeben haben, in Vergessenheit geraten.

(Auf die spezielle Entwicklung der Mikroskopoptik sollte hier nicht eingegangen werden.)

 

 

 

 

 

 

 

Anhang

 

Übersicht zur  Einordnung der Lichtmikroskopstative

 

 

1.) Einfache Lupenmikroskope

 

 

1.1.) Handlupen

 Unter diesem Typ sollen alle Geräte eingeordnet werden, die entweder nur eine gefasste Linse haben oder die Möglichkeit besitzen neben der Linsenhalterung auch eine Objekthalterung zu ermöglichen aber keinen eigentlichen Objekttisch besitzen.

 

1.1.1. Gefasste Einzellinsen (ab Altertum)

a) offene Montierung als gefasste Einzellinse mit Handgriff oder auf Ständer

b)  geschlossene Montierung in Zylinderbüchse (vor 1650)

 

1.1.2.     Leeuwenhoek

Typ I: (ab 1670),  Beobachtungslinse  zwischen zwei zusammengenieteten Metallplatten eingelassen.

Typ II: “Aalkijker“(1722),

Pouilly Typ (1686)

 

1.1.3.   Muschenbroek Typ (ab 1690)

Der Objekthalter ist über zahlreiche Kugelgelenke (Muschenbroeksche Nüsse) mit dem Linsenhalter verbunden

 

1,1,4    Zirkelmikroskop (ab ca. 1700),

Der Objekthalter  ist mit der Linsenhalterung über ein Scharniergelenk verbunden

 

1.1.5    Screwbarrelmikroskop (ab ca.1702) (Hartsoeker 1697 u. Wilson 1702) Das Objektiv wir durch deinen Federdruck fixiert, Scharfstellung durch herein- oder herausschrauben der Beobachtungslinse in eine „Tubushülse“

 

1.1.6.   „Flohgläser“ (ab ca.1760) (Vollzylinder, Deckel, Nadel, kl. Linse)

 

1.1.7    „Naturforscher Mikroskop“ Klappzirkelmikroskop (ein- oder zweilinsig) mit auf einer Messingschiene verschiebbaren Nadel od. Pinzettenklemme (Typ   Adams/Jones 1798) oft mit gedrechseltem Elfenbeingriff

 

1.1.8.  Entomologische (Insekten-)Beobachtungsgläser

Raspail (1794-1878) Insektoskop (Lupe und  Glaszylinder  ab ca. 1820)

 

1.1.9.  Varia  „Sacklupen“, Handlupen, Trichinenlupen, Ableselupen, Uhrmacherlupen, Diamantlupen, ungefasste Auflegelupen

 

 

1.2.) Einfache Lupenstative mit Objekttisch

 Teilweise musste eine etwas willkürliche Einteilung und Unterscheidung getroffen werden, da neben dem Erscheinungsbild und Entstehungszeitraum des Mikroskopstatives auch der Verwendungsmöglichkeit  eine Bedeutung beigemessen werden musste.

 

1.2.1.        Taschenmikroskope (Typ Joblot 1725, Typ Lindsay  1742, Typ Clark 1754)

 

1.2.2.        Ellis-Wassermikroskop ( 1710-1776) mit Uhrglasteich Auf flachem Holzkästchen montiert

 

1.2.3.        Präpariermikroskope (von Typ P.Lyonnet 1757 , Raspail (1794-1878)  C.Zeiss Typ I 1840, bis heute )

 

1.2.4.        Botanische Mikroskope Typ Withering (1776)

                 a) mit drei Rundplatten (1776)

                 b) faltbar in Holzkasten (1792)

 

1.2.5.        Botanische Standlupe (Typ Jones 1800 ) später mit mehreren Einschlaglinsen

 

1.2.6.        Varia:   Standlupen, Münzlupen, Fadenzähler

 

 

2.) Zusammengesetzte Mikroskope

 

Die Einteilung berücksichtigt nur die groben Weiterentwicklungen im Mikroskopstativbau soweit sie sich bekannten Herstellern zuordnen lassen und aus Sicht der damaligen Zeit als Fortschritt und somit designbildend erwiesen haben.

Viele Hersteller bauten aber über Jahrzehnte auch die ganze Palette der besonders gängigen, althergebrachten  Mikroskopstative parallel zu ihren eigenen Neuentwicklungen weiter, so dass sich aus dem Herstellernamen alleine nicht immer auf das Mikroskopstativ schließen lässt.

 

Holländische Urformum 1650 ineinander verschiebbare Röhren mit zwei Linsen ohne  Fuß

Früher Italienischer Typ:

Divini Typ 1650 Dreibeinfuß ohne Auflegeplatte

Campani Typ 1660 J Yarwell (1683) Dreibeinfuß mit Auflegeplatte,Cherubin Typ 1671, Grindel van  Ach 1687, Zahn Typ 1702 Dreibeinstativ mit Schraubfokussierung (nur Zeichnung von 1631 vorhanden)

Früher englischer Typ:

Hooke Typ 1665 exzentrische Säule,  Gelenk zur Tubushalterung

Yarwell Typ 1683 exzentrische Säule oder Dreibeinfuß

Marshall Typ 1704 exzentrische Säule mit tiefliegendem Kugelgelenk zur  Tubushalterung

 

Culpeper Typ:

 

Culpeper ab 1725 „Doppel- Dreibeinstativ

Meist auf Holzkasten oder Holzplatte montiert

Variation durch Scarlett 1758,

Loft 1740,Sterrop  1750,

später auch “Nürnberger Mikroskop“

aus  Holz

 

Frühes Trommelmikroskop:

Im Gegensatz zu späteren Geräten bei denen nur der Fuß des Mikroskops als „Trommel“ ausgestaltet ist, sind die Trommelmikroskope in ihrer Gesamtheit trommel-, besser röhrenförmig.

 

B. Martin 1738

 

Späte Trommelstative

Nach 1820 beliebter Typ in England und Frankreich (Frauenhofer, Oberhäuser, Hartnack, Lerebours) auch

als  Spielzeugmikroskop und “viereckiges“

Nürnberger  Mikroskop

 

Projektions- (Sonnen-) Mikroskop

Großer viereckiger Spiegel zum Einfangen des Sonnenlichtes, Montageplatte für den Fensterrahmen; weiter, konisch zulaufender Tubus

 

Boxmikroskope

Der Beleuchtungsspiegel befindet sich in einem vorne ausgeschnittenen Holzkasten.

Häufig aus Frankreich und von G.F.Brander (1713- 1783)

 

Stangenstative

Die  Stangenstative unterscheiden sich im Wesentlichen dadurch, ob die Tubusträgersäule starr auf dem Dreibeinfuß steht oder ob das ganze Mikroskop über ein Kippscharnier zum Umlegen  geeignet ist. Zusätzlich ergebenen sich verschiedene Stativtypen durch tief oder hoch an der Tubusträgersäule angebrachte Kippscharniere.

 

 

englische Stangenstative

Cuff Typ:

 

J. Cuff  1743 exzentrische Säule mit Verschiebegestänge

Meist starr auf Holzkasten montiert, keine Kippmöglichkeit des Stativs

Auch von Adams, Dolland, Nairne, und vielen anderen Herstellern der Zeit.

 

“Chest“mikroskope (= Cufftyp, umlegbar im Aufbewahrungskasten montiert. (Mann & Ayscough, Nairne  & Blunt,  Dollond,  Fraunhofer)

 

 

Adams Typ G.Adams(1708-1773) (kl.. Stangenstativ,

Die  Säuleist über ein tiefliegendes Kippscharnier mit dem  flachen Klappfuß verbunden)

 

 

Jones Typ  1798gr. umlegbares Stangenstativ, der Tubusträger ist über ein Kippscharnier  hoch an der

exzentrischen Tubusträgersäule befestigt, flacher Dreibeinklappfuß

 

Carpenter Typ 1826 gr. Stangenstativ, exzentrische Säule, flache Klappfüße, tiefliegendes Kippscharnier

 

Cary-Gould Typ 1827kleine auf oder in dem Aufbewahrungskästchen zu montierende Geräte ohne Kippmöglichkeit

 

 französische Stangenstative

 Selligue 1825, Chevalier

 

 

deutsche Stangenstative:

Fraunhofer, München (1787-1813) ab 1809 (gr. Stangengerät, exzentrische Säule)

 Plössl, Wien (1794-1868) (gr.Stangengerät, exzentrische Säule,)

 Pistor, Berlin (1778 - 1847) (gr.Stangengerät,exzentrische Säule,)

 Schiek, Berlin (1790 - 1870) (gr.Stangengerät,exzentrische Säule,)

 Norbert, Barth (1806-1881) (gr.Stangengerät,exzentrische Säule,)

 

Horizontales, katadioptisches, Mikroskop

 

Amici, Italien (1786 - 1868), Chevalier, Paris

 

großer Trommelfuß

nur der Fuß des Mikroskops ist als „Trommel“ ausgestaltet

Oberhäuser (& Trécourt) ab 1840, Hartnack, Beneche & Wasserlein, Nachet, Chevallier

 

Doppelsäule auf U-förmigem Fuß od. ovaler Fußplatte

 

Lebrunn, Nachet  ab 1845 auch “Entenfuß“

 

runde Fußplatte, tiefliegender Feintrieb

 

teils auch mit geschweifter „C“ –förmiger Säule

Kellner 1850, Seibert, Leitz, Zeiss

 

 

Hufeisenstativ

 

Von Oberhäuser, Paris, ab 1848 eingeführt,

Das U-förmige Hufeisenstativ war über 100 Jahre das Standardstativ aller großen Mikroskophersteller der Welt von ca.1850 bis ca. 1950

 

 

Y-förmiger „Ross-Fuß“

 

Ross Typ ab 1850

 

massiver, abgewinkelter Dreibeinfuß

Powell&Lealand  ab1850

 

„Englischer Fuß

geschwungener Dreibeinfuß, „Geißfuß“

Smith & Beck ab 1850

gerader dreieckiger  Klappfuß, Ringfuß,

Einfachsäule auf Dreieckfuß, Doppelsäule)

Jugendstiel  Stativ

ab 1898 Zeiss

gerundeter  Hufeisenfuß aus Gusseisen

ab 1912  Leitz, Zeiss, Winkel-Zeiss für die „Buchstabenstative“ A, B, C, D, E, F, …usw.

L-Stativ

Zeiss, Jena   1933 mit Schrägeinblick

 

Modulstative

Nach 1950 mit austauschbaren Komponenten 1950

 

Copyright W.Lübbers (2008, zweite verbesserte  Auflage)